Selektive Laser Trabekuloplastik (SLT)

Ein Beitrag von Prof. Dr. med. Torsten Schlote, Basel

08/2016

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Vorgeschichte der Trabekuloplastik

Die Behandlung des trabekulären Maschenwerks mittels Laser ist nun insgesamt schon mehr als 35 Jahre Teil der Behandlung des Glaukoms und hatte ihren Beginn mit der Argon Laser Trabekuloplastik (ALT) nach Wise und Witter 1979 genommen. Obwohl das Verfahren allgemein als sicher galt und gilt, wurden einige potenzielle Nachteile der ALT beschrieben (z.B. Ineffektivität bei Nachbehandlungen, evt. vermehrte Vernarbungstendenz bei späteren filtrierenden Operationen). Der Wirkmechanismus liess sich bis heute nicht vollständig klären, wobei eine Kombination aus fotothermalen und biologisch-zellulären Effekten angenommen wird.

Die Entwicklung der SLT und deren Wirkungsweise

Die Selektive Laser Trabekuloplastik (SLT) wurde 1998 von Latina und Mitarbeitern auf der Basis eines Q-switched, Frequenz-verdoppelten Nd:YAG Lasers mit einer Wellenlänge von 532 nm entwickelt. Die Applikation der sehr kurzen Laserimpulse (Dauer eines Impulses 3 ns) führt zu einem selektiven Ansprechen pigmenthaltiger trabekulärer Maschenwerkszellen. Fotothermische Effekte werden durch die kurze Applikationsdauer vermieden, sodass es zu keiner Alteration der lamellären Strukturen des trabekulären Maschenwerks kommt. Wir gehen heute bei der Wirksamkeit der SLT von der sogenannten biologischen und Repopulationstheorie aus. Ausgelöst durch ein «cracking» von Pigmentgranula in pigmenthaltigen trabekulären Maschenwerkszellen wird über Zytokine eine Migration von Makrophagen in das trabekuläre Maschenwerk bewirkt. In der Folgezeit werden ein «Remodeling» der Extrazellulärmatrix und eine vermehrte Zellteilung trabekulärer Maschenwerkszellen induziert. Am Ende dieses Prozesses wird über eine verbesserte Abflussleichtigkeit eine Senkung des Augeninnendrucks erzielt. Die wesentliche Verbesserung in der Technik der SLT liegt im Vergleich zur ALT in der deutlich geringeren Gesamtmenge an applizierter Energie (SLT < 1% der Energie einer ALT).

Durchführung, Behandlungsparameter und Wiederholbarkeit

Die Durchführung einer SLT gestaltet sich unkompliziert. Dazu wird eine lokale Tropfanästhesie durchgeführt. Die Applikation der Laserimpulse wird vom Patienten zumeist gar nicht bemerkt. Bei stärkerer Pigmentation kann es eventuell zu einer gelegentlichen leichten Schmerzwahrnehmung kommen. Die Platzierung der Herde ist einfach, da die Spotgrösse von 400 µm normalerweise den ganzen Kammerwinkelbereich abdeckt. In der Regel werden 50 (180°) bis 100 Herde (360°) appliziert. Bei der Applikation tritt keine Weissfärbung ein. Bei etwa der Hälfte der Herde soll eine Bläschenbildung als Kriterium für ein adäquates Energieniveau (Energie pro Herd zwischen 0.5 und 1.4 mJ) herangezogen werden. Bei stark pigmentiertem Kammerwinkel muss die Energiemenge zum Teil deutlich reduziert werden. Für die Nachbehandlung kann ein lokales nichtsteroidales Antiphlogistikum 3-4x tgl. für eine Woche verwendet werden. Da eine deutliche Vorderkammerreaktion nur sehr selten auftritt, sind lokale Steroide in der Nachbehandlung nicht notwendig.

Indikationen

Im Allgemeinen ist die Trabekuloplastik in frühen Stadien von Offenwinkelglaukomen indiziert. Der klinische Alltag zeigt, dass die Methode im Einzelfall aus verschiedenen Gründen (z.B. fehlende Operabilität) auch bei fortgeschrittenen Fällen hilfreich sein kann. Die SLT ist gut geeignet beim primär chronischen Offenwinkelglaukom, PEX-Glaukom und Pigmentdispersionsglaukom (hier reduzierte Parameter verwenden). Beim PEX-Glaukom ist die Wirkdauer kürzer als beim primär chronischen Offenwinkelglaukom. Für Normaldruckglaukome ist die SLT nicht gut geeignet, da in der Regel ein tieferes Druckniveau benötigt wird, als die SLT liefern kann.

Klassische Indikationen für einen Einsatz der SLT bei den genannten Glaukomformen sind:

  • Unzureichende Drucksenkung unter primärer medikamentöser Therapie
  • Multiple Allergien oder Discomfort unter Glaukommitteln
  • Schlechte Adhärenz, schlechte Persistenz

Effektivität, Wiederholbarkeit

Die augendrucksenkende Wirkung einer primären SLT ist mit der einer ALT vergleichbar. Allerdings kann die SLT auch bei vorangegangener ALT eine Wirksamkeit erzielen, während eine Re-ALT normalerweise nicht effektiv ist. Nach vorangegangener SLT kann eine Re-SLT zudem mit etwa gleicher Erfolgswahrscheinlichkeit wieder eingesetzt werden. Neben der geringeren Gewebealteration und der deutlich geringeren Energiemenge liegt also ein weiterer Vorteil der SLT in ihrer Wiederholbarkeit. Ganz allgemein liegt das Potenzial einer SLT zur Senkung des IOD im Bereich der drucksenkenden Wirkung eines topischen Glaukommedikaments. Im Mittel kann eine Drucksenkung zwischen 20-30% erwartet werden, wobei ein höherer Ausgangsdruck mit einem stärkeren Effekt einhergeht. Die Reduktion des Augendrucks gelingt so auf ein Zieldruckniveau zwischen 15 und 20 mmHg.

Nebenwirkungen und Risiken

«SLT is a low risk procedure» Wong et al. 2015
Wie das genannte Zitat verdeutlicht, liegt einer der grössten Vorteile der SLT in der Sicherheit des Verfahrens. Zu den etwas häufiger auftretenden Nebenwirkungen gehören transiente Druckspitzen (v.a. PEX-Glaukom, Pigmentdispersionsglaukom), ein Vorderkammerreiz sowie Augenschmerzen und -beschwerden. Selten wurden in Fallberichten periphere vordere Synechien, langfristige Augendruckentgleisungen, Hornhautödeme, eine schwere Iritis und ein Makulaödem beschrieben.

Zusammenfassung

Mit der SLT hat sich das Spektrum der ambulanten Glaukombehandlung in Ergänzung zur topischen Tropfentherapie deutlich erweitert. Die Methode ist einfach erlern- und anwendbar und bietet einen sehr hohen Sicherheitsstandard. Wichtig ist zudem, dass zukünftige Behandlungsoptionen durch die SLT nicht eingeschränkt werden und dass die Methode prinzipiell wiederholbar ist.

Literaturempfehlungen
Wise JB, Witter SC. Argon laser therapy for open-angle glaucoma, a pilot study. Arch Ophthalmol 1979; 97: 319-322
Wong MO, Lee JW, Choy BN, Chan JC, Lai JS. Systematic review and metaanalysis on the efficacy of selective laser trabeculoplasty in open-angle glaucoma. Surv Ophthalmol 2015; 60(1):36-50

Prof. Dr. med. Torsten Schlote

Prof. Dr. med. Torsten Schlote

Facharzt für Augenheilkunde, spez. Ophthalmochirurgie

Weitere Informationen zur Behandlung mit SLT erhalten Sie auf der Webseite der Mediconsult AG.

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